Das Wort „Furcht“ ist ein starkes Wort. Die Vorstellung von Furcht bzw. Angst ruft eine Reaktion in praktisch jedem Einzelnen von uns hervor – je nachdem, welche Art von Furcht oder Angst gerade Thema der Diskussion ist. Manche Ängste sind „ungesund“ und wirken sich daher negativ auf unsere Verhaltensweise aus: Angst vor der Dunkelheit, Flugangst oder Menschenfurcht, zum Beispiel. Es gibt jedoch eine Angst, die nicht ungesund ist – eine Angst, die sogar als Schlüssel für ein erfolgreiches Leben dienen kann. Jeder von uns wäre deshalb gut beraten, diese Art von Furcht in seinem eigenen Leben bewusst aufrecht zu erhalten. Ich spreche hier von der Furcht des Herrn.
Dennoch steht die Furcht des Herrn vielleicht nicht gerade ganz oben auf Ihrer Liste von Dingen, über die Sie gerne mehr erfahren würden. Sie sagen sich vielleicht: „Angst ist ein Thema, das mich überhaupt nicht anspricht! Mit dieser Botschaft möchte ich mich lieber nicht befassen; ich glaube einfach nicht, dass mir dies zum Segen gereichen würde!“ Ungeachtet Ihrer möglichen Einwände möchte ich Sie nun dazu ermutigen, Ihre Position doch noch einmal zu überdenken. In Jes 33,6b entdecken wir nämlich die folgenden neun Worte, die all dies in einem völlig neuen Licht erscheinen lassen:
„Die Furcht des HERRN, sie wird sein Schatz sein.“
Diese Worte bringen zum Ausdruck, dass die Furcht des Herrn nicht etwas ist, das man verachten sollte – ganz im Gegenteil: Sie stellt den „Schatz des Herrn“ dar, den Er mit Seinem Volk teilen möchte.
Viele Christen sind offensichtlich der Meinung, dass die Furcht des Herrn ein Bestandteil des Gesetzes aus dem Alten Testament ist. Ich bin zahlreichen Christen begegnet, die sich so verhalten, als wären wir nicht länger dazu angehalten, die Furcht des Herrn in unserem eigenen Leben zu praktizieren – geradeso, als handle es sich dabei um etwas, das mittlerweile völlig überholt sei. Diese Einstellung ist jedoch absolut unbiblisch und entspricht in keiner Weise den Tatsachen. Um dies zu belegen, werden wir nun einige grundlegende Fakten aus der Schrift heranziehen, die mit der Furcht des Herrn zu tun haben. So heißt es z. B. in Ps 19,10:
„Die Furcht des Herrn ist rein und sie besteht in Ewigkeit.“
Demnach kann es also niemals eine Zeit geben, in der die Furcht des Herrn nicht länger relevant wäre. Sie besteht in Ewigkeit. In Spr 23,17 werden wir dazu ermahnt,
„... den ganzen Tag lang in der Furcht des Herrn zu verweilen.“ (z. T. wörtl. a. d. Engl.)
Die Furcht des Herrn ist also für alle Ewigkeit gültig, und wir sollen sie den ganzen Tag über praktizieren. Anders ausgedrückt: Es gibt niemals eine Zeit, in der Sie nicht im Bewusstsein der Furcht des Herrn leben müssten.
Viele Menschen haben eine sehr negative Vorstellung davon, was die Furcht des Herrn eigentlich darstellt. Um dies besser verstehen zu können, werden wir zunächst einmal ausklammern, was sie nicht ist: Erstens, die Furcht des Herrn ist keine natürliche Angst – es ist nicht die Art von Angst, die man z. B. beim Autofahren spürt, wenn man gerade dabei ist, einen Unfall zu verursachen. Zweitens, die Furcht des Herrn ist keine dämonische Angst – wir haben es hier also nicht mit etwas zu tun, das auf einen „Geist der Angst“ (also einen Dämon) zurückzuführen ist. Über die Jahre hinweg habe ich Hunderten von Menschen dienen können, die tatsächlich von einem Geist der Angst befreit werden mussten. Dabei handelte es sich jedoch nicht um die Furcht des Herrn.
In 2 Tim 1,7 sagt Paulus: „Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Furchtsamkeit gegeben ...“ und Johannes macht in 1 Joh 4,18 die Aussage: „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus, denn die Furcht hat mit Qual zu tun.“ (z.T. wörtl. a. d. Engl.)
Quälende Angst stammt vom Teufel und hat im Leben eines Christen einfach keinen Raum! Das wirksamste Heilmittel gegen diese Art von Angst ist die wahre Furcht des Herrn.
Die Furcht des Herrn hat auch nichts mit Menschenfurcht zu tun. Nicht nur das, sie setzt uns sogar frei von jeder Menschenfurcht und verleiht uns die Fähigkeit, dem Herrn Ehre und Respekt zu erweisen. Das Wort Ehrfurcht bzw. der Ausdruck „ehrfurchtsvolle Scheu“ – awe im Englischen, wovon das entsprechende Adjektiv awesome abgeleitet ist – beschreibt meiner Meinung nach am besten, was unter der Furcht des Herrn eigentlich zu verstehen ist. Es beschreibt unsere Reaktion angesichts der Majestät, der Kraft und der Heiligkeit Gottes.
Ein weiteres Wort, das ich benutzen würde, um die Furcht des Herrn zu beschreiben, ist das engl. Wort reverence. Es wird im Deutschen mit dem Wort Ehrfurcht bzw. Verehrung übersetzt und bringt die Reaktion auf eine Offenbarung Gottes zum Ausdruck. Diese Art von Furcht kann nur infolge einer göttlichen Offenbarung zustande kommen – wann immer Gott sich uns offenbart, reagieren wir meiner Ansicht nach nur dann angemessen, wenn wir dabei Ehrfurcht empfinden.
Diese tiefe Ehrfurcht geht Hand in Hand mit „Unterordnung“. Eine Herzenshaltung, die sich ganz und gar Gott unterordnet, macht die Furcht des Herrn in unserem Leben sichtbar. Wenn unsere Verhaltensweise jedoch von Überheblichkeit, Arroganz, Selbstgefälligkeit und Eigenlob geprägt ist – was auf viele von uns zutrifft – dann hat dies absolut nichts mit der Furcht des Herrn zu tun. Eine Person, deren Handlungsweise derartige Charaktermerkmale erkennen lässt, empfindet offensichtlich keine Furcht des Herrn.
Darüber hinaus offenbart uns die Schrift eine weitere Wahrheit: Es kann passieren, dass das, was wir fürchten, letztendlich zu unserem Gott wird. In 1 Mo 31 z. B. wendet sich Jakob mit folgenden Worten an Laban, seinen Schwiegervater:
„Wenn nicht der Gott meines Vaters, der Gott Abrahams, und der Schrecken Isaaks für mich gewesen wäre, gewiss, du hättest mich jetzt mit leeren Händen entlassen.“ ( Vers 42)
Jakob bezeichnete Gott als den „Gott Abrahams und den Schrecken Isaaks“, was bedeutet, dass der Gott, den Isaak fürchtete, der wahre Gott war. Es war sein Gott. In Vers 53 sagt Jakob dann Folgendes:
„Der Gott Abrahams und der Gott Nahors soll zwischen uns richten, der Gott ihres Vaters! Da schwor Jakob bei dem Schrecken seines Vaters Isaak.“
Das Objekt von Isaaks Furcht war sein Gott – genauso, wie das, was Sie fürchten, Ihr Gott ist. Wenn Sie beispielsweise die Meinung anderer Menschen fürchten, dann ist das Ihr Gott. Wenn Sie Armut oder Krankheit fürchten, ist das Ihr Gott. Was immer Sie fürchten, das ist Ihr Gott. Fürchten Sie den Herrn – ist Er wirklich Ihr Gott?
Die ”Jesus-Perspektive“
Es ist sehr aufschlussreich, die Furcht des Herrn aus der Sicht Jesu zu betrachten. Jesus war Gottes eigener, geliebter Sohn – ein Sohn, der Seinem Vater Sein ganzes Leben lang und all Seine Tage Freude machte. Als der Prophet Jesaja jedoch von der Salbung des Heiligen Geistes sprach, dank der Jesus sich als der Messias erweisen würde, gab er eine Beschreibung von sieben ganz speziellen Merkmalen des Heiligen Geistes, die Jesus auszeichnen würden. Diese sieben charakteristischen Merkmale finden wir in Jes 11,1-2 aufgelistet:
„Und ein Sproß wird hervorgehen aus dem Stumpf Isais, und ein Schößling aus seinen Wurzeln wird Frucht bringen. Und auf ihm wird ruhen der Geist des HERRN, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Kraft, der Geist der Erkenntnis und Furcht des HERRN.“
In diesen beiden Versen geht es um die sieben Manifestationen des Heiligen Geistes; genau gesagt, wir haben es hier mit einer Liste der Sieben Geister Gottes zu tun. Der erste dieser sieben Geister ist der Geist des Herrn – der Geist also, der in der ersten Person spricht, wenn Er von Gott spricht. In Apg 13,2 z. B. sagt der Heilige Geist:
„Sondert mir nun Barnabas und Paulus zu dem Werk aus, zu dem ich sie berufen habe!“
Der Heilige Geist spricht hier von Seiner eigenen Person als Gott.
Als nächstes verweist die oben genannte Liste auf den Geist der Weisheit, den Geist des Verstandes, den Geist des Rates, den Geist der Kraft, sowie den Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Furcht des Herrn die letztgenannte Manifestation des Heiligen Geistes war, wodurch sich Jesus als Messias und als Gottes geliebter Sohn zu erkennen gab. Dies kommt klar und deutlich zum Ausdruck in Jes 11,3, wo der Prophet sagt:
„... und er wird sein Wohlgefallen haben an der Furcht des HERRN. Er wird nicht richten nach dem, was seine Augen sehen, und nicht zurechtweisen nach dem, was seine Ohren hören ...“
Aus dieser Bibelstelle in Jes 11 geht also hervor, dass Jesus sich dank der auf Ihm ruhenden siebenfachen Salbung des Heiligen Geistes eindeutig als Messias erwies. Die siebte und letztgenannte Salbung ist die Furcht des Herrn. Unmittelbar darauf folgten dann die Worte:
„Und er wird sein Wohlgefallen haben an der Furcht des Herrn.“
Wir sind mit Sicherheit nichts Besseres als Jesus: Wenn selbst Gottes geliebter Sohn – unser Messias und unser Retter – mit der Furcht des Herrn gekennzeichnet war und Sein Wohlgefallen an ihr hatte, wie könnten Sie oder ich es dann jemals wagen, zu behaupten, wir hätten sie nicht nötig?
Die ”Furcht des Herrn“ muss erlernt werden
Im Folgenden wollen wir nun die Voraussetzungen näher unter die Lupe nehmen, die wir erfüllen müssen, um die Furcht des Herrn zu erlangen. In Ps 34,12 sagt der Heilige Geist:
„Kommt, ihr Söhne, hört mir zu: die Furcht des HERRN will ich euch lehren.“
Die Furcht des Herrn ist demnach etwas, das uns beigebracht werden muss: Wenn wir auf die Stimme des Heiligen Geistes hören, wird Er uns lehren. Wenn wir jedoch nicht auf Ihn hören, dann kann Er uns nichts lehren. In den beiden nächsten Versen fährt der Heilige Geist fort, indem Er beschreibt, welche speziellen Charaktereigenschaften wir besitzen müssen, um die Furcht des Herrn zu erlangen:
„Wer ist der Mann, der Lust zum Leben hat, der seine Tage liebt, um Gutes zu sehen? Bewahre deine Zunge vor Bösem und deine Lippen vor betrügerischer Rede.“ (Ps 34,13-14)
Das erste Charaktermerkmal einer Person, die sich die Furcht des Herrn aneignen will, hat mit ihrer Redeweise zu tun – also mit der Art und Weise, wie sie ihren Mund benutzt. Ich schlage vor, dass Sie sich jetzt einmal selbst herausfordern, indem Sie sich einfach folgende Frage stellen: Lässt sich die Furcht des Herrn bei mir erkennen in der Art und Weise, wie ich mich ausdrücke? Oder bin ich manchmal arrogant, selbstgefällig, ängstlich, verärgert, ungeduldig bzw. bin ich mitunter nicht bereit, Korrektur anzunehmen? Wenn Sie diese Frage mit „Ja“ beantworten müssen, dann ist dies sicherlich kein Anzeichen für die Furcht des Herrn in Ihrem Leben!
Ich persönlich bin tief beeindruckt angesichts der Tatsache, dass wir uns für die Furcht des Herrn bewusst entscheiden müssen. In Spr 1 beispielsweise spricht Gott zu einem Volk, das Ihn abgelehnt hat. Dabei benutzt Er einige sehr harte Worte. Manchmal haben wir einfach kein Verständnis dafür, wie energisch Gott sein kann! In unserer Vorstellung sehen wir einen höflichen alten Herrn vor uns, der da oben im Himmel weilt und niemals etwas Schwieriges oder Unangenehmes von sich gibt – ein Gott, der uns einfach in die Arme nimmt. Aber so ist Gott überhaupt nicht!
In Spr 1,25-29 z. B. macht Er folgende Aussage:
„... weil ihr fahren ließet all meinen Rat und meine Mahnung nicht wolltet, so will auch ich bei eurem Unglück lachen, will spotten, wenn der Schrecken über euch kommt, wenn wie ein Unwetter der Schrecken euch naht, euer Unglück hereinbricht wie ein Sturm, wenn Bedrängnis und Angst über euch kommen. Dann rufen sie mich an, doch ich antworte nicht, dann suchen sie mich, doch sie finden mich nicht. Weil sie Erkenntnis gehasst und die Furcht des HERRN nicht erwählt haben ...“
Es ist Gott selbst, der hier spricht, und Er sagt klar und deutlich, dass Er spotten wird, wenn der Schrecken kommt! Er sagt, Er wird nicht antworten, wenn man Ihn ruft. Die letzten beiden Zeilen in dieser Bibelstelle nennen den Grund für Seine Verhaltensweise: Sein Volk hasste Erkenntnis und entschied sich nicht für die Furcht des Herrn. Wenn Sie sich also nicht bewusst für die Furcht des Herrn entscheiden, können Sie also mit gutem Grund davon ausgehen, dass Sie von Gottes Gericht in Ihrem Leben nicht verschont bleiben werden! In Spr 1,7 finden wir folgende Aussage:
„Die Furcht des HERRN ist der Anfang der Erkenntnis! Weisheit und Zucht verachten nur die Narren.“
Wenn wir eine verachtungsvolle Haltung gegenüber der Furcht des Herrn einnehmen, geben wir damit lediglich unsere eigene Torheit zu erkennen. In Spr 3,7 heißt es dann weiter:
„Sei nicht weise in deinen Augen, fürchte den HERRN und weiche vom Bösen!“
Wir sollten uns nicht auf unsere menschliche Weisheit verlassen: Wenn wir geradezu überfließen vor Selbstvertrauen und meinen, wir hätten auf alles eine Antwort, dann geben wir damit der Furcht des Herrn überhaupt keinen Raum.
Darüber hinaus fordert dieser Bibelvers uns auch dazu auf, „vom Bösen zu weichen“. Wenn unser Leben von der Furcht des Herrn geprägt sein soll, dann müssen wir uns vom Bösen abwenden. Das Böse und die Furcht des Herrn schließen sich nämlich gegenseitig aus – wir müssen uns entweder für das eine oder für das andere entscheiden! Wie wird nun unsere Entscheidung ausfallen: Werden wir der Furcht des Herrn Raum geben in unserem Leben oder den Dingen, die böse sind?