Zur Frage, wo Jesus nach seinem Tod und Auferstehung hinging und was er dort tat, gibt es wichtige biblische Hinweise, die man beachten muss, um Missverständnisse zu vermeiden.
Häufig wird aus den folgenden Bibelstellen fälschlicherweise der Schluss gezogen, dass Jesus nach seinem Tod ins Totenreich hinabstieg, um den dort befindlichen Geistern zu predigen und ihnen dadurch eine neue oder zweite Chance zur Umkehr zum Herrn zu ermöglichen:
1. Petrus 3,18-19
„Denn es hat auch Christus einmal für Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, damit er uns zu Gott führe, zwar getötet nach dem Fleisch, aber lebendig gemacht nach dem Geist. In diesem ist er auch hingegangen und hat den Geistern im Gefängnis gepredigt.“
1. Petrus 4,6
„Denn dazu ist auch den Toten gute Botschaft verkündigt worden, damit sie zwar den Menschen gemäß nach dem Fleisch gerichtet werden, aber Gott gemäß nach dem Geist leben möchten.“
Beide Bibelstellen stellen einen Zusammenhang mit Jesu Aufenthalt im Totenreich (Scheol/Hades) her.
Scheol und Hades
Zunächst ist wichtig festzustellen, was die Bibel über das „Totenreich“ lehrt.
Scheol und Hades bezeichnen denselben zeitbegrenzten Aufbewahrungsort. „Scheol“ ist der hebräische Begriff im Alten Testament, der die Unterwelt oder das Jenseits beschreibt, wo die Seelen der Verstorbenen, ob gläubig oder ungläubig, vorübergehend verweilen. Der griechische Begriff „Hades“ wird im Neuen Testament verwendet und bedeutet dasselbe wie Scheol. Der klare Beweis für diese Übereinstimmung findet sich in Apostelgeschichte 2,25-28, wo Psalm 16,8-11 zitiert wird und Scheol mit Hades gleichgesetzt wird. Die Septuaginta, die griechische Übersetzung des Alten Testaments, übersetzt Scheol ebenfalls mit Hades.
Wohin ging Jesus nach seinem Tod und Auferstehung?
Nach seinem Tod ging Jesus gemäß der biblischen Lehre hinab ins „Totenreich“, genauer gesagt in den „Paradiesabschnitt“ des Scheol/Hades. Der Scheol/Hades hat zusammengefasst zwei Abteilungen: eine für die Gerechten, die als „Paradies“ oder „Abrahams Schoß“ bezeichnet wird, und eine für die Ungerechten, die als „Abaddon“ oder „Grube“ bekannt ist. Beide Orte der erlösten Gerechten und der unerlösten Ungerechten sind durch eine „große Kluft“ voneinander getrennt (Lk16,26). Auf der ungerechten Seite befinden sich auch gefallene Engel im Abgrund oder Tartarus. Nach Jesu Tod war sein Leib im Grab, aber seine Seele ging in den Paradiesabschnitt des Scheol/Hades.
Was tat Jesus im Scheol/Hades?
Jesus stieg nach seinem Tod hinab, jedoch nicht, um dort zu evangelisieren oder den unerlösten Ungerechten eine zweite Möglichkeit zur Umkehr zu bieten. Vielmehr ging es um eine Verkündigung seines Sieges über den Tod und über die Mächte des Bösen.
Die in 1. Petrus 3,19 erwähnten „Geister im Gefängnis“ beziehen sich aller Wahrscheinlichkeit (und vieler Auslegungen) nach auf die Engel, die gemäß 1. Mose 6 während der Zeit Noahs in Sünde gefallen sind. Diese „Geister“ sind gefesselte Engel, denen Jesus verkündete, dass sein Erlösungswerk vollbracht ist und dass der Versuch Satans, den „Samen der Frau“ (Messias) zu verderben, gescheitert war.
Das Wort für „predigen“, das in dieser Passage verwendet wird, bezeichnet nicht das Evangeliumspredigen (griech. euangelizo), sondern eine Proklamation (kerysso). Dies deutet darauf hin, dass es sich nicht um eine Einladung zur Buße handelt, sondern um eine öffentliche Bekanntmachung des Sieges Jesu.
1. Petrus 4,6 hingegen spricht von der Verkündigung des Evangeliums an Menschen, die inzwischen gestorben sind, jedoch zu ihrer Lebenszeit das Evangelium gehört hatten. Der Vers macht deutlich, dass das Evangelium ihnen verkündigt wurde, als sie noch lebten, damit sie trotz ihres physischen Todes geistlich in der Gegenwart Gottes sein konnten. Das bedeutet, dass die Chance zur Umkehr und zum Glauben an Christus nur im irdischen Leben besteht, nicht nach dem Tod.
Jesus verkündete sein Gericht den bösen Geistern und nicht den Seelen der verstorbenen Menschen. Das Gericht über Satan und die gefallenen Engel wurde damit vollzogen. Für die Gläubigen hingegen bedeutete Jesu Sieg, dass sie mit ihm das Paradies verlassen und in die Gegenwart Gottes gebracht wurden.
Als Jesus gen Himmel fuhr, nahm er die erlösten Gerechten des Paradieses mit sich (Eph 4,8-10). Die Seite des Scheol/Hades für unerlöste Ungerechte blieb unverändert. Alle ungläubig Verstorbenen erwarten dort ihr zukünftiges Endgericht.
Eine Frage, die in diesem Zusammenhang oft gestellt wird ist, wie Menschen gerettet wurden, bevor Jesus für ihre Sünden gestorben ist.
Seit dem Sündenfall war die Grundlage der Errettung immer der Tod Jesu Christi, sowohl für die Menschen vor als auch nach dem Kreuz. Sein Tod zahlte für die vergangenen Sünden der Gläubigen im Alten Testament und für die zukünftigen Sünden der Gläubigen im Neuen Testament. Die Bedingung für Errettung war zu jeder Zeit der Glaube an Gott, wie in Habakuk 2,4 betont: „Der Gerechte wird durch seinen Glauben leben.“
Im Alten Testament glaubten die Menschen an Gottes Verheißung, dass Er eines Tages das Problem der Sünde lösen würde. So glaubte Adam der Verheißung in 1. Mose 3,15, dass der „Same der Frau“ Satan besiegen würde. Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet (1. Mose 15,6). Die alttestamentlichen Opfer konnten die Sünde nicht beseitigen, sondern waren nur ein Hinweis auf das endgültige Opfer Jesu (Hebr 10,1-4).
Während der Tage Jesu vor seinem Tod verstanden seine Jünger nicht vollständig, dass der Messias am Kreuz sterben würde, aber sie glaubten, dass Er der verheißene Retter war. Nach der Auferstehung offenbarte Jesus ihnen das vollständige Bild, und ihr Glaube an den gekreuzigten und auferstandenen Messias wurde zur Grundlage ihrer Errettung.
Heute schauen wir auf das vollendete Werk Christi zurück. Die Botschaft des Evangeliums ist klar: Jesus starb für unsere Sünden, wurde begraben und ist am dritten Tag auferstanden (1Kor 15,3-4). Egal zu welcher Zeit, Errettung war immer aus Gnade durch Glauben an Gottes verheißenen Retter – Jesus Christus.
Die Lehre von der „zweiten Chance“ widerspricht der Bibel
Die Bibel macht klar, dass der Mensch nur ein Leben hat und dass nach dem Tod das Gericht folgt. Es gibt keine zweite Chance zur Umkehr oder Erlösung nach dem Tod. Hebräer 9,27 sagt: „Und wie es den Menschen bestimmt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht.“
Dies bedeutet, dass das Urteil nach dem Tod feststeht. Wer im Leben die Gnade Gottes ablehnt, hat keine weitere Möglichkeit zur Buße im Totenreich. Das Konzept einer „zweiten Chance“ widerspricht somit der biblischen Lehre.
Die Lehre der Allversöhnung besagt, dass am Ende alle Menschen, selbst die Ungläubigen und Dämonen, erlöst werden. Diese Lehre widerspricht jedoch der klaren biblischen Botschaft. Jesus sprach oft über das endgültige Gericht und die ewige Trennung von Gott für diejenigen, die ihn ablehnen (vgl. Mt 25,46).
Die Schrift zeigt uns eindeutig, dass diejenigen, die Christus ablehnen, für immer von Gott getrennt bleiben (vgl. Offb 20,15). Die Verkündigung Jesu im Totenreich war kein Angebot zur Umkehr für die dort befindlichen Geister, sondern eine Verkündigung des Sieges und des Gerichts.
In allem ist die Hauptfrage nicht: Wo war Jesus zwischen seinem Tod und Auferstehung und was tat er dort? Die Hauptfrage ist: Wo steht man heute in seiner Beziehung mit Jesus?
Quellen und weiterführende Lehren:
B36GE - Fundamente des christlichen Glaubens
4167GE - Am Ende der Zeit
4168GE - Die Auferstehung der Toten
4169GE - Ewiges Gericht
Lehrartikel - Was ist der Mensch Teil 1
Lehrartikel - Was ist der Mensch Teil 2